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Da ist Diverses möglich - Wege der Umsetzung von Diversität und Inklusivität in zivilgesellschaftlichen Organisationen

06.06.2023 07.06.2023 MAECENATA STIFTUNG Zivilgesellschaft in der öffentlichen Debatte Anti-Diskriminierung Stiftungen Zivilgesellschaft

Maecenata Institut veröffentlicht Studie zu Diversität: "DI kostet Zeit, Wille und Geld, ist aber auch mit geringen Ressourcen machbar: Viele kleine Organisationen schrecken vor dem Thema Diversität zurück [...] , dass es möglich ist, mit kleinem Budget, dafür aber mit Willen zum Ziel zu gelangen."

Kurzfassung der Studie:

Projekthintergrund
Die Zivilgesellschaft steht für freiwillige Kooperation, Teilhabe und Gemeinwohl, aber wie divers sind ihre Organisationen aufgestellt, wie inklusiv ist ihr Schaffen? Während Diversitäts-Management in Unternehmen viel diskutiert, untersucht und laufend weiterentwickelt wird, fehlen entsprechende Studien und  Handlungsempfehlungen für die Zivilgesellschaft. Angesichts gesellschaftlicher Wandlungsprozesse geraten jedoch auch zivilgesellschaftliche Organisationen (ZGO) unter Druck, die nach außen vertretenen Werte von Gleichberechtigung, Repräsentativität und Teilhabe intern umzusetzen. Doch die Sensibilisierung von Teams für Abwertungs- und Machtmechanismen, der Ausbau von Partizipationsmöglichkeiten oder die Etablierung von Gewalt-Schutzkonzepten, sind keine leichten Unterfangen.

Zivilgesellschaftliche Akteur:innen benötigen dafür spezifisches Wissen, Unterstützungsangebote und Ressourcen. Angesicht der prekären Aufstellung vieler ZGO braucht es ressourcenschonende Methoden, damit diversitätssensible und -inklusive Praktiken für die Breite der ZGO anwendbar werden.

Der Begriff der Diversität bezeichnet dabei Aspekte und Merkmale, aufgrund derer Mitglieder oder Gruppen einer Gesellschaft als ‚anders‘ konstruiert werden. Er dient der Sichtbarmachung unterschiedlicher Ansichten, Erfahrungen und Hintergründe und ermöglicht die Identifikation von Unterstützungsbedarfen gesellschaftlich benachteiligter, ausgegrenzter oder besonders vulnerabler Personen.

Je nach kulturellem, politischem und organisationalem Kontext spielen unterschiedliche Diversitätsdimensionen eine wichtigere oder eher zu vernachlässigende Rolle. In dieser Studie wurde mit den Diversitäts-Dimensionen Alter, psychische oder physische Beeinträchtigungen, Migrationshintergrund, BIPoC, Geschlecht und Gender, sexuelle Orientierung, Religion sowie soziale und regionale Herkunft gearbeitet. Im Sinne der Intersektionalität sind die Dimensionen als verschränkt zu betrachten.

Methode
Mittels qualitativer Interviews wurden ZGO im semi-strukturierten Vorgehen zu folgenden Themenkomplexen befragt:

Wie lassen sich eine diversitätsintegrative und -sensible Organisationsführung und Teilhabeförderung erlernen?

  • Welche Methoden des Empowerments werden angewandt, um die Repräsentation von Personen diverser Hintergründe zu erhöhen?
  • Welche (neuen) Arbeitsmodelle und Formen der Zusammenarbeit sind besonders geeignet, Diversität zu inkludieren?

Die 22 Interviewpartner:innen wurden im Sinne der „most extreme cases“ ausgewählt. Sie repräsentieren also Organisationen, welche DI besondere Bedeutung zumessen. Befragt zu ihrem Diversitätsverständnis sowie erprobten DI-Maßnahmen, berichteten sie von Hürden und dem Umsetzungstand von DI innerhalb ihrer Organisationen.

Ergebnisse
Die Erhebungen zeigen den Mangel an Studien zu DI im dritten Sektor. Die vorhandenen Daten zeigen zudem, dass es nach wie vor zu wenig Diversität innerhalb der Zivilgesellschaft gibt. Viele Organisationen setzen sich für DI ein und sind sich auch der Intersektionalität bewusst, müssen aber häufig Akzente setzen. Es gibt teils große Unterschiede darin, welche Diversitätsdimensionen in der alltäglichen Praxis Berücksichtigung finden. Organisationen, die sich für emanzipatorische Themen engagieren oder einen Selbsthilfehintergrund haben, sind häufig diversitätsbewusster und ihnen gelingt es allgemein besser, Menschen diverser Hintergründe einzubinden.

DI gelingt am besten im Zusammenspiel von Top-down und Bottom-up und im holistischen Ansatz, d.h. im Zusammenspiel zwischen der Leitungsebene und Organisationsbasis sowie der Integration aller Organisationsbereiche.

DI kostet Zeit, Wille und Geld, ist aber auch mit geringen Ressourcen machbar: Viele kleine Organisationen schrecken vor dem Thema Diversität zurück mit dem Hinweis, zu wenig Kapazitäten zu haben, um sich ‚auch darum‘ noch kümmern zu können. Die Interviews zeigen jedoch, dass es möglich ist, auch mit kleinem Budget, dafür aber mit Willen zum Ziel zu gelangen. Es gibt immer mehr kostenlose Beratungsangebote, Tools oder Open-Source-Programme und der Einsatz von externen Fachberatungen ist häufig in Relation zu anderen Kosten wie Personal oder Veranstaltungskosten plan- und überschaubar, auch für kleine ZGO.

Für Organisationen mit kleinem Personalbestand bietet es sich an, externe Hilfestellung als Dienstleistung einzuholen, da ein eigenes Diversitätsmanagement mit Personalstelle unrealistisch ist.

Letztendlich ist die bewusste und entschlossene Entscheidung zur Anwendung von DI entscheidend.

Vor diesem Hintergrund und basierend auf den Befragungsergebnissen wurde das SETT-Modell erarbeitet (Abb. 2). Dieses bietet Organisationen Orientierung hinsichtlich der notwendigen Schwerpunktsetzung bei der Implementierung von DI-Maßnahmen, indem es zentrale Handlungsfelder und Akteure benennt und die gegenseitige Abstimmung der Felder betont, damit die ganzheitliche Umsetzung von DI gelingt. Im Rahmen des SETT-Modells weist die Studie den Handlungsfeldern Sensibilisierung i.S.v. Bewusstseinsbildung, Empowerment marginalisierter Gruppen sowie Förderung von Teilhabe und Transparenz kategorielle Bedeutung zu. Um die Abstraktion zu reduzieren und die Umsetzung zu erleichtern, wurden die einzelnen Handlungsfelder mit einer Liste direkt anwendbaren Methoden und Tools ergänzt.

Fazit
Wie die Gesellschaft, so ist auch die Zivilgesellschaft von Diskriminierung und Benachteiligungen nicht frei. Gleichzeitig sind sich die Befragten wie die Forschung darin einig, dass Diversität nicht nur eine gesellschaftliche Realität ist, die es in der organisationalen Praxis zu berücksichtigen gilt, sondern auch diverse organisationale Vorteile bringt. Mit dem in der Studie erarbeiteten Werkzeugkasten sollen mehr ZGO dazu ermuntert werden DI anzunehmen und bewusst zu adressieren.

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